Künstlerische Position
Als Autodidakt hatte ich die Freiheit, die Unabhängigkeit die ich brauche, um eine eigenständige Position zu entwickeln. Zuerst habe ich fast ausschließlich schwarz-weiss Radierungen und Zeichnungen gemacht: das Fehlen der Farbe und das kleine Format als eine Form der Abgrenzung von Riesenformaten, Installationen, von Performance u.s.w.Den Betrachter zum Sehen zu zwingen, zur Annäherung. Ab Ende der achtziger Jahre suchte ich neue Ausdrucksformen und mache eine Art Materialkollagen (Mixt Media) mit besonderer Bearbeitung der Oberfläche, die Grundlage ist immer eine Mischung aus Sand und Farbpigmenten um sich im Licht ändernde reliefartige Strukturen zu erlangen. Dazu kommen Objekte und andere Elemente. Ich hatte meine letzte Ausstellung „expandable“ überschrieben, weil ich keine Bilderrätsel anstrebe sondern weil das Werk sich im Auge des Betrachters zu unterschiedlichen Blickwinkeln öffnen soll. Seltene reale Details geben allenfalls Hinweise. Brüche der herkömmlichen Ästhetik sind gewollte Irritationen, ich mache keine „schönen Bilder“. Das Kriterium „das passt zur Couchgarnitur oder in eine Bank, Dekoration ist nicht mein Anliegen. Ausgangspunkt sind Zeitthemen wie Migration, Umwelt, Kriege u.v.A.,kurz die Zeit, unser Leben.
Wichtig ist mir das unsichtbar hinter dem sichtbaren Bild, eine Spannung, Irritation, ein Impuls zur Gedankenwanderung. Es ist erwünscht, gewollt, dass bei unterschiedlichen Betrachtern differente Eindrücke entstehen.
Ernst Slavik
Zu den Zeichnungen/Arbeiten auf Papier
Die Zeichnung ist die Spontanste Form des „Bild-Machens“. Der Ausgangspunkt ist nicht der „Punkt“ sondern die Linie, die Linie in begrenzter Fläche. Sie ist auch im Stande über ihre Begrenzung hinaus zu gehen, auf die Welt ausserhalb des „Rahmens“, des Formate zu verweisen. Begrenzung und Entgrenzung sind als Möglichkeiten gegeben. Die Stärke und Schwierigkeit der Zeichnung besteht in der Nichtkorrigierbarkeit. Der Radiergummi wurde mir als erstes von meinem Zeichenlehrer, einem Onkel, verboten. Inzwischen setze ich den gelegentlich als Gestaltungsmittel, zu Abschwächung der Graphitlinien wieder ein, ist doch auch ein berühmtes Werk von Robert Rauschenberg das Blatt: “Ausradierung einer Zeichnung von de Kooning“, eine Auslöschung des Gegenstandes.
Ich betrachte die Zeichnung als eigenständige Kunstform, verweigere aber das streng lineare und kombiniere sie mit Collage, Farbakzenten oder auch mit Linoldruck und Fett. Deshalb sind die „Zeichnungen“ besser mit „Arbeiten auf Papier gekennzeichnet. Der Ausgang ist immer der Graphitstift und der Versuch eine meditative Konzentration auf ein Thema zu erreichen, die innere Sammlung ist die Voraussetzung für meine Zeichnungen die ich „Merkungen“ nenne. Laut Grimmschen Deutschem Wörterbuch ist Merkung: 1.) die Handlung des Merkens 2.) das geben oder Setzen eines Zeichens.
Ich bemerke etwas und gebe dazu ein Zeichen. Das Bemerken, die Merkung ist das tägliche Erleben, sind die Nachrichten, das Sehen, Hören, Fühlen über Krieg und Umwelt, Trauer, Liebe und Tod, kurz alles was unser Leben(auch mein Leben) ausmacht. Wenn ich mit diesen Arbeiten an die Grenze des sichtbar Machens, des Darstellbaren komme, so ist das Bild der Grenze damit auch erreicht.-„Targeted killing“ oder „enhanced interrogations technics“ lassen sich schlecht darstellen, denn es gibt keinen Standpunkt der objektiv den Vorgang der Folter erfasst. Die Todesangst (in einem realistisch gezeichneten Gesicht) ist die eine Seite, wie lässt der Widerstand des Gefolterten darstellen? Verrat oder Rettung?) ein realistisches Bild zeigt immer nur einen Aspekt. Linien, Brüche, Einwürfe bei Collagen können irritieren, die Gedanken leiten, verwirren denn nichts ist eindeutig, eine Zeichnung ist immer auch der Zeichner.
Aktualisiert (Donnerstag, den 22. September 2022 um 07:43 Uhr)